Der junge Mann möchte etwas Leichtes haben

Aus Aufwärts: Praktische Ratschläge für die Jugend - 7. Kapitel: Der junge Mann möchte etwas Leichtes haben

 

Es gibt viele junge Leute, die Stellungen annehmen und darin ausharren, auch wenn sie unter ihrer Begabung stehen, nur weil sie bequemer sind und sie den Preis für etwas Besseres: die beschwerlichere Vorbereitung, das Überwinden mancher kleiner Hindernisse, nicht zahlen wollen.

 

Wie viele unserer jungen Männer, die Redner werden möchten, würden auch nur einen Gedanken daran wenden, es einem Demosthenes gleichzutun, was den Sieg über die riesigen Schwierigkeiten anbetrifft, deren dieser Herr werden wusste? Oder wie viele Mädchen mit musikalischem Ehrgeiz würden versuchen, was eine Emma Abbot durchführte? Sie hatte anfänglich nicht viel Stimme, aber den festen Entschluss, um jeden Preis Sängerin zu werden. Und sie setzte es durch und erntete den Erfolg ihrer Mühen.

 

Gewiss, es bedarf vielen Mutes und starker Zuversicht, um einen Beruf zu ergreifen, der Jahre der Ausbildung und gründliche Schulung erfordert, ehe man sich die genügende Gewandtheit und Erfahrung erwirbt.

 

Der junge Durchschnittsmensch von heute ist nicht gewillt, diese Kosten aufzuwenden; er will rasch und mühelos etwas erreichen. „Was verdiene ich dabei?“ das ist die große Frage, die ihn vor allem beschäftigt. Nicht, was für Werte er in einen Beruf mitzubringen hat, kümmert ihn, sondern was er aus ihm herausholen kann. Was kann er mir nützen? fragt er, nicht, was kann ich ihm nützen?

 

Wer sich, wenn die Berufsfrage an ihn herantritt, vor allem nach einem leichten Posten umsieht, begeht eine Selbsttäuschung. Selbst angenommen, es gelänge ihm, eine solche Stellung zu ergattern, wie denkst du dir die Rückwirkung auf ihn? Wird er auf diese Weise Rückgrat bekommen oder ein Schwächling werden?

 

Zum Glück für uns alle gibt es solche bequemen Posten nicht viele. Das Leben ist kein Rosenbett. Viele werden ihrer Berufung untreu um ihrer beschwerlichen Seiten willen. Wer versucht, nur die Rosen ohne ihre Dornen aus seinem Beruf hervorzuholen, wird nicht weit in ihm kommen, ihn nie meistern.

 

Jede Medaille hat ihre Rückseite. Folgere nicht kurzerhand, du habest einen Fehlgriff getan, weil dir nicht alles an deiner Fähigkeit behagt. Wer ehrlich versucht, den einmal erwählten Beruf liebzugewinnen, wird bald erkennen, welcher Segen im Ausharren liegt.

 

Seinen Beruf nur als Mittel zum Zweck betrachten, heißt ihn sehr niedrig einschätzen. Er sollte eine Schule für Mann und Frau sein, eine Schule für den Charakter.

 

Sich schulen, um größer, nicht um reich oder satt zu werden, sollte das Motto jedes jungen Menschen sein, der ins Leben hinaus schreitet.

 

Was du auch angreifen magst, greif nicht nach etwas Leichtem, Bequemen, wenn es auf Kosten deiner Menschenwürde geschehen muss.

 

„Vollkommenheit ist die Norm des Himmels; Vollkommenes wollen, die Norm des Menschen“, sagt Goethe.

 

Meide eine Tätigkeit, die die niedrigen Triebe eines Menschen, die Selbstsucht, Engherzigkeit u. dergl. fördert und die feineren Empfindungen verkümmern lässt, gleichviel, was alles sie dir an Geld und Gut einbringt, meide sie wie Gift.

 

Nimm keine Arbeit an, mit der Absicht, gerade soviel an materiellem Gewinn aus ihr zu holen, bis du sagen kannst: Nun habe ich genug. Wähle stattdessen einen Beruf, dem du dein Leben zu widmen gedenkst, weil er heilsam für deinen inneren Menschen ist, weil du an ihm wachsen kannst und ihm selber zu nützen vermagst.

 

Schau dich um in der großen Schar der Entgleisten, weshalb sie nichts erreichten, und was werden wir finden? Das gleiche, was wir bei den Arbeitsscheuen, den Müßiggängern finden, die auf den Straßen, in den Geschäften, in den Cafés jeder Stadt herumlungern. Man braucht nicht allzu viel Erfahrung, um das Kennzeichen zu entdecken, braucht nicht lange zu fragen, wie sie dahin gelangen konnten. Sie werden ihre Lage allem Möglichen, nur nicht der richtigen Ursache, die Schuld an ihrem Schiffbruch trägt, zuschreiben. Du wirst bald erkennen, dass es ihnen in erster Linie an Ehrgeiz fehlte, oder dass ihr Ehrgeiz durch schlechte Bücher, schlechte Gesellschaft verloren ging. Was kannst du mit einem Menschen, dem nichts daran liegt, vorwärts zu kommen, anfangen? Ihm Geld geben, hat keinen Zweck. Er will getragen werden, und so lange er jemanden findet, der das besorgt, bedient er sich der eigenen Füße nicht. Das Beste ist, man nimmt ihm seine Krücken fort, schlägt alle sonstigen Stützen unter ihm weg und überlässt ihn seinen eigenen Hilfsmitteln. Dann wird sich zeigen, ob deren noch vorhanden sind.

 

Trägheit, Mangel an Ehrgeiz, an Tatkraft, darin liegen meist die Ursachen der Entgleisung. Ein energieloser, weichlicher Mensch ist ein Wesen, das zum Hoffnungslosesten gehört, was es auf der Welt geben kann. Von Selbsthilfe will er nichts wissen, und die ihm Hilfe bringen wollen, lassen meist entmutigt von ihm ab.

 

Alle, die Großes geleistet haben, sind durch Arbeit zu ihrer Bedeutung gelangt. Sie haben es sich nicht verdrießen lassen, den hohen Preis zu zahlen.

 

Wie verfehlt ist es, wenn einem jungen, gesunden Menschen der Sinn nach möglichst mühelosem Beruf steht! Er meint, nicht auf seine Kosten zu kommen, will seine Vergnügungen, seine Geselligkeit in keiner Weise opfern, will seine freien Abende oder Nachmittage haben, denkt nicht daran, sie für seine Weiterbildung zu nützen. Deshalb versucht er, etwas zu finden, was sich bequem dem Stand der Dinge anpassen lässt. Nach Höherem zu streben, liegt nicht in seiner Absicht, würde seine Kreise allzu sehr stören. Es nimmt so viel Zeit weg und das Leben ist so kurz!

 

Nehmen wir an, du wollest eine Turnanstalt besuchen, aber nichts mit Hanteln, Gewichten oder dergleichen Apparaten zu tun haben, weil sie dir zu schwer sind; was würde dir die ganze Sache nützen?

 

Wer im Leben etwas Rechtes erreichen will, muss auch bereit sein, Opfer zu bringen. Keiner hat eine Höhe erklommen, ohne dass er seine Kräfte anspannte.

 

Hunderte von Leuten haben mich schon gefragt, ob es klug von ihnen wäre, ihren Beruf zu wechseln, wenn sie fühlten, dass sie nicht am rechten Platz stünden. Das hängt vollständig von der Persönlichkeit und von den Umständen ab. Es gibt viele, die nirgends etwas Nenneswertes erreichen, weil es ihnen an der nötigen Kraft und Ausdauer fehlt.

 

Wenn jemand schon ein halbes Dutzend Mal gewechselt hat, kann man sich darauf verlassen, dass der Fehler auf seiner Seite liegt; gewöhnlich sind das Menschen, die es sich möglichst leicht mit der Arbeit machen wollen.

 

Der strebsame, arbeitsfrohe Mensch, dem es auf ein paar Schweißtropfen mehr oder weniger nicht ankommt, hat meistens auch Ausdauer; der Schwächling ist es, der danach trachtet, Gelegenheitserfolge zu erringen, sofern sie nicht zu viel Mühe machen. Sich emporzuarbeiten, für eine höhere Tätigkeit tauglich zu machen, kommt ihm nicht in den Sinn; er hält jeden, der das tut, für einen Narren.

 

Der Narr und der Genarrte zugleich ist jedoch er selbst. Er wird nie den Segen der wahren Arbeit erleben, die ihre geistigen und sittlichen Früchte trägt, vor gefährlichen Nebenwegen bewahrt und selbst die Sorge zu bannen weiß.

 

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